September 21, 2019

Fridays for Future am Bodensee

Mit Greta Thunberg entstand eine neue soziale Bewegung. Weltweit schlossen sich Schüler, Jugendliche
und Studenten an und fordern auf oft wöchentlichen Demos während der Schulzeit, eben am Freitag,
endlich Handeln von den Politikern, das Pariser Klimabkommen mit konkreten Schritte sofort umzusetzen.
Auch um den Bodensee herum fielen mir die ersten Streikmeldungen auf Facebook auf. Völlig erstaunt,
dass die oft gedemütigte unpolitische Jugend erwacht und sich sehr eindruckvoll für eine andere Poltik aufgrund des Klimawandels einsetzt.
Sander Frank (Student an der ZU und politisch aktiv bei den LINKEN) von der FFF-Ortsgruppe in Friedrichshafen erzählt, dass sie die erste Gruppe am See waren, sie sich aber gleich mit Schülern aus Lindau und Friedrichshafen vernetzten. Aus dem Stand zählt er 20 Orte im Bodenseeraum auf, an den es Ortsgruppen beziehungsweise Streiktage mit Demon-strationen gibt. Wenn durchschnittlich 150 Teilehmer gezählt werden sind das runde 3000 Menschen, die wöchentlich demonstrieren.
In Lindau kamen trotz Osterferien im April rund 200 Schülerinnen zur Demo.
Diese sehr lebendige und große Bewegung mit europaweiten bzw. weltweiten gemeinsamen Streiktagen wird von der Politik mal gelobt, dann gemobt, bedroht (mit Bussgeldern wegen Schulzschwänzen), vereinnahmt von politischen Organisation. Sie müssen alles mitmachen, was die Sozialen Bewegungen der Älteren (ihren Eltern und Großeltern) auch bereits erfahren mussten. Angefangen von der Behinderung von Greta, übers Schulschänzen bis hin zum Vorwurf, dass sie keine konkreten Forderungen hätten und sich nicht sonst politisch engagieren.
Hier kontern allerdings die Organisatoren: Jonathan Kindermann aus Lindau erzählt von ihren Plastikmüllsammelaktionen und Sander Frank in Friedrichafen meint, dass Mitglieder der Bewegung sich in verschiedenen Organisation engagieren und auch lokal sich am Umweltschutz beteiligen. „In Friedrichafen wehren wir uns gegen die Abholzung des Seewaldes, mit der Liebherr seine Betriebfläche erweitern will. Oder setzen uns dafür ein, dass die Stadtwerke grünen Strom produzieren oder die Stadtverwaltung CO2-frei wird.“
Bundesweit sind einige Aktivisten der Schüler-Streik-Bewegung vor die Presse getreten und haben die Forderungen der Bewegung nochmals kommuniziert. Neben den bekannten Forderungen: nur noch erneuerbare Energien, ausgeglichene Treibhausbilanz und Kohleausstieg bis 2030 stellten sie folgende Forderungen auf: Ende der Kohle-Suventionen Ende 2019 und gleichzeitig ein Verzicht auf ein Viertel der Kohle-Kraftwerkskapazitäten. Sie schließen sich der Forderung nach einer CO2-Steuer an.
Kurz vor den Europawahlen wurde europaweit zu einem Streik und zu Demonstrationen aufgerufen. Sander Frank meint dazu, „Fridays for Future steht auch für ein anderes Bewußstein im hierundjetzt. Es geht auch um soziale Gerechtigkeit und ein besseres soziales Miteinander“.
Inzwischen hat sich auch die Wissenschaft eindeutig hinter die Bewegung gestellt! Und das unter dem Motto: „Scientists for Future“. In einer gemeinsamen Stellungnahme unterstützen inzwischen über 23.000 namhafte deutsche, österreichische und schweizer Wissenschaftlerinnen die Proteste für mehr Klimaschutz. Nachzulesen ist diese unter https://www.scientists4future.org/stellungnahme/ Darin steht unter anderem: „Nur wenn wir rasch und konsequent handeln, können wir die Erderwärmung begrenzen, das Massenaussterben von Tier- und Pflanzenarten aufhalten, die natürlichen Lebensgrundlagen bewahren und eine lebenswerte Zukunft für derzeit lebende und kommende Generationen gewinnen. Genau das möchten die jungen Menschen von „Fridays for Future/Klimastreik“ erreichen. Ihnen gebührt unsere Achtung und unsere volle Unterstützung.” Unter den Erstunterzeichnerinnen sind zum Beispiel die Fernsehmoderatoren Ranga Yogeshwar und Eckart von Hirschhausen, sowie viele weitere bekannte Namen, etwa: Hans-Joachim Schellnhuber, Claudia Kemfert, Ernst Ulrich von Weizsäcker, Barbara Praetorius, Dirk Uwe Sauer und Sven Plöger.
Es geht um viel mehr als nur den Klimaschutz. Greta Thunberg sprach deutliche Wort vor dem Plenum der UN-Klimakonferenz in Katowice (Polen):
„… Aber um das zu tun, müssen wir klare Worte sprechen,
egal wie unbequem das sein mag. Ihr hier sprecht nur von ewigem grünem Wirtschaftswachstum,
weil ihr zu viel Angst davor habt, unbeliebt zu sein. Ihr sprecht nur darüber, mit denselben schlechten
Ideen weiter zu machen, die uns in dieses Chaos gebracht haben, selbst wenn es das einzig Vernünftige
ist, die Notbremse zu ziehen. Ihr seid nicht reif genug, um zu sagen, was wirklich ist. Auch noch diese
Last bürdet ihr uns Kindern auf.
Aber mir ist es egal, ob ich beliebt bin. Ich sorge mich um Klimagerechtigkeit und den lebendigen Planeten. Unsere Zivilisation wird dafür geopfert, dass eine sehr kleine Anzahl von Menschen weiterhin enorme Mengen von Geld machen kann. Unsere Biosphäre wird geopfert, damit reiche Menschen in Ländern wie meinem in Luxus leben können. Es sind die Leiden der vielen, die für den Luxus der wenigen bezahlen.“
Dieter Koschek
erschienen in jedermensch 691

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