Warum wir in Deutschland die dreistufige Volksgesetzgebung mit Medienbedingung brauchen – und was wir dafür tun können
Ein Weckruf in unruhigen Zeiten von Peter Schlefsky.
Unser früherer Welle-Redakteur Peter Schlefsky hat ein Buch geschrieben, mit dem er in die aktuelle Diskussion um die „Direkte Demokratie“ eingreift. Denn er glaubt, dass den sozialen Bewegungen das Mittel fehlt, um ihren Initiativen Gesetzeskraft verleihen zu können. Seit die „Grünen“ die Volksabstimmung aus ihrem Parteiprogramm gestrichen haben, sieht es mau aus für die Bewegung für eine Volksabstimmung.
Peter Schlefsky stellt das Konzept der dreistufigen Volksgesetzgebung nochmals in aller Kürze vor. Dabei ist ihm die Medienbedingung besonders wichtig. Eine kurze, aber spannende Geschichte der Volksabstimmungsidee ist der Kern des Buches. Dabei spielen die Initiativen aus Achberg eine gewichtige Rolle, waren es doch die Heros Beuys, Schilinski, Heidt und Hasenklever, die die Volksabstimmung in Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg populär machten. Wilfried Heidt hat dazu die Grundlagenforschung und die Entwicklung des Konzeptes wesentlich betrieben. Und in der Folge wurden vielfältige Aktivitäten, auch unter der Mitwirkung von Peter Schlefsky, verfolgt.
Spannend im Buch ist daher die aktuelle Diskussion, die Peter Schlefsky aufgreift und anregt. Drei Bereiche werden angezeigt: Die Bewegung der Corona-Rebellen, die Ideen von Klaus Schwab und die europäische Dimension.
Bei Klaus Schwab, dem Begründer der WEF, stellt er fest, dass dort zwar weitreichende Veränderungen in der Weltpolitik angekündigt werden, aber vermutlich das „Volk“, die Völker nicht gefragt werden. Der Souverän bleibt bei dem „Great Reset“ nebulös. Da kann vermutet werden, das diese Veränderungen wie bisher von den herrschenden Kreisen (Konzerne und deren Handlangern) geplant und umgesetzt werden.
Für die internationale Ebene stellt Peter Schlefsky sowohl bei Europa und der UNO, dieselben Mängel fest. Hier braucht es neue Verfassungen, die auch die Stimme des Volkes per Volksabstimmung verankern.
Und bei prominenten „Querdenkern“ muss er feststellen, dass diese bislang die direkte Demokratie nur vom Hörensagen kannten. „Solange sich „Querdenker & Co“ nicht als Demokratiebewegung im beschriebenen Sinne verstehen und – mit allen anderen zivilgesellschaftlichen Kreisen – die Kräfte zu bündeln versuchen, damit ein Durchbruch an zentraler Stelle gelingt, solange werden alle anderen Aktivitäten (Demos, Petitionen, ziviler Ungehorsam, Widerstand) verpuffen und die Klärung der Machtfrage kein einziges Stück voranbringen.“
Bei Schlefsky’s abschließenden Überlegungen, wie die Volksgesetzgebung im deutschen Grundgesetz verwirklicht werden kann, kommt er zu einem ziemlich ernüchternden Ergebnis.
Die heutige Ampelkoalition ist „meilenweit“ davon entfernt, die dreistufige Volksgesetzgebung zu verwirklichen. Es braucht „Geduld und Ausdauer“, damit ein Souveränitätswechsel gelingen kann.
Und an dieser Stelle widerspricht sich Peter Schlefsky, denn um mit Geduld und Ausdauer für die Volksgesetzgebung zu werben braucht es eben genau die Aktivitäten, denen er weiter oben ohne Volksabstimmung gerade keine Erfolgsaussichten einräumt.
Hier zeigt sich ein Mangel in der Diskussion des „Achbergers Impulses“. Die dreistufige Volksgesetzgebung (mit Medienbedingung) wird als zentrales Instrument eingestuft, ohne das die sozialen Bewegungen nicht weiterkommen. Damit engt sich dieser Impuls ein und kommt so auch nicht weiter. Eine Erweiterung der Perspektive ist notwendig, und damit auch die Erweiterung der Möglichkeiten, mit denen Menschen in die Politik eingreifen können. Und hier hat sich meiner Meinung nach sehr viel getan, was Peter Schlefsky (und mit ihm vielleicht andere Träger des ‚Achberger Impulses‘) nicht sehen können.
Mehr Demokratie e.V., der seinen Gründungsimpuls in Achberg erhalten hat, bietet eine weite Palette an Demokratieentwicklungen an, unter anderem Bügerräte. Partizipation hat eine Vielfalt von Beteiligungsmöglichkeiten von kommunaler bis nationaler Ebene, hier seien Ideen- oder Projekte schmieden genannt. Das bürgerschaftliche „Energieteam“ in Wasserburg ist ein Beispiel, wie auf kommunaler Ebene Beteiligung in der Energie- und Klimapolitik der Gemeinde eine wichtige Rolle spielt.
Und es werden die Erfolge der Sozialen Bewegungen nicht gesehen. Die Anti-AKW-Bewegung hat den Ausstieg aus der Kernenergie geschafft, Frauen sind heute gleichberechtigt, die Sklaverei wurde abgeschafft, …
Ich will auf keinen Fall sagen, dass jetzt alles in Ordnung sei, das nicht, aber eine Transformation unserer Gesellschaft ist mit vielen kleinen Schritten auf dem Weg.
Ein Erfolg ist, dass es heute keine Heros mehr braucht, sondern es viele Menschen in dieser Welt sind, die die Impulse von Freiheit, Gleichheit und Gemeinwohl in ihren Herzen tragen und für diese wirken. Auf einem vorbereiteten Resonanzboden werden die Samen aufgehen und in ihrer jeweiligen Weise weiter wirken. Ich jedenfalls nehme die Sehnsucht der Menschen nach Beteiligung auf vielen Ebenen nach. Einige denken bereits über Möglichkeiten nach, ohne Mehrheitsentscheidungen(!), sondern auf Konsens- oder Konsentmöglichkeiten das Ganze zu gestalten. Viel mehr haben inzwischen erkannt, dass Wärme und Liebe als Grundlagen des sozialen Miteinanders zu entwickeln und zu entfalten sind.
Die dreistufige Volksgesetzgebung (mit Medienbedingung) hat dazu viel beigetragen und es sollte ermutigen im Kleinen wie Großen weiter an den Ideen und Begriffen zu arbeiten. Das ist mit „Geduld und Ausdauer“ weiter notwendig. Dazu wird das Buch von Peter Schlefsky sicherlich beitragen.
Dieter Koschek
erschienen in jedermensch 704
Peter Schlefsky
wählen und abstimmen, ISBN 978-3-7557-5238-7, Das Buch hat 120 Seiten und kostet 10,- Euro. Erschienen im Selbstverlag bei BoD (Books on Demand)
Danke für die treffende Rezension des Buches. Trifft den Nagel auf den Kopf, vor allem die Situation bei der Querdenken-Bewegung.
Dieses Buch ist sehr zu empfehlen.