März 14, 2021

Eine Gesundheitswende ist nötig

Die Krisenpolitik ist eindeutig. Kontakteinschränkungen und Forschung zur und Durchführung einer möglichst flächendeckenden Impfung. Auch ich habe Hoffnungen auf den Impfstoff, zumindest das sich dann das Bewußtsein in unserer Gesellschaft sich verändert und die Gefahren nicht mehr so angstmachend sind.
Die Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung sind ja wichtig, aber sie können nicht das einzige Gebot der Stunde sein.
Es fehlt ganz deutlich an einem ganzheitlichen Menschenverständnis bei den Verantwortlichen, aber wohl auch bei vielen Mitbürgerinnen. Nicht allein durch schulmedizinisches Handeln kann die Pandemie gestoppt werden.
Es benötigt auch Kampagnen gegen die Angst und für Empathie und gegenseitige Hilfe. Das fängt ganz bei uns persönlich an. Wie gehe ich mit der Gefährdung durch das Virus um?
Ich sage immer ganz salopp „Mir kann das Virus nichts. Ich habe keine Angst und lebe gesund.“ Ich trau mich das ja fast nicht auszusprechen, weil ich dem Schicksal nicht trotzen will, aber ich empfinde das ja so. Ich lebe seit Jahren außerhalb des normalen Arbeitstresses im Eulenspiegel, habe mich in den letzten Jahren dann selbständig gemacht und habe mein Einkommen. Das ist nicht hoch, aber es reicht. So habe ich damit keinen Stress und auch keine Angst um Einkommens-verluste. Ich lebe finanziell bescheiden und kann mir manchen Konsumstress ersparen. Ich brauche keine schnelllebige Mode, habe keine Kredite zum Abbezahlen, keine Hausschulden und keine Autoschulden. Trotzdem kaufe ich seit über 10 Jahren die meisten Lebensmittel im Bioladen.
Durch das Leben in der Gemeinschaft einer WG fühle ich mich auch gut aufgehoben, habe Kontakte und ein soziales Netz um mich. Und ich habe gelernt mit mir selber zufrieden zu sein.
Mit meinem so kurz skizzierten Leben habe ich vieles von dem erspart, was anderen nicht erspart bleibt: Existenzängste, Stress am Arbeitsplatz, in der Familie, Konsumerwartungen, Ehrgeiz, „höher, schneller, weiter“.
Ich habe also eine einigermaßen gesunde Ernährung, trinke kaum Alkohol und mit dem Rauchen habe ich schon vor fast 20 Jahren aufgehört. Nicht perfekt, aber schon ganz gut. So habe ich keine „Vorerkrankungen“, die mich anfällig für den Virus machen.
Ich habe die Freude, in einem reichen Land zu leben mit Sicherheit, Sauberkeit, in einem Land, das Trinkwasser ins Klo schüttet.
Das haben nicht alle. Wir, die reichen Länder haben zudem alle schweren und ungesunde Arbeiten ins Ausland exportiert, nach Asien, Afrika, China usw.. Die dreckige Industrieproduktion findet weitgehend ebenfalls dort statt. So kann ich und andere ein besseres Leben genießen.
Das Virus zeigt momentan aber, das dies ein sehr einseitige Modell ist. In den Schwellenländern und den Ländern des Südens findet das Virus genau die Opfer. Dreckige Luft und Arbeitsplätze schwächen die Menschen dort und sie sind ungeschützt.
Aber auch bei uns wütet ja die Privatisierung. So werden Arbeitsplätze unsicherer, schlechter bezahlt und der Kosteneffizienz unterworfen.
Eine präventive Gesundheitspolitik muss folglich dort überall ansetzten.
1. Ermöglichung eines menschlichen sozialen Miteinanders.
2. Hinterfragung unserer Konsumgewohnheiten.
3. Verbesserung der weltweiten Gleichheit.
4. Eine menschliche Politik der sieben „Wenden“: Wohlstands- und Konsumwende (tiefer, langsamer, näher), Energiewende (von der Sonne leben), Ressourcenwende (Kreislaufwirtschaft ohne Müll), Mobilitätswende (Vorfahrt für Fuss und Rad), Ernährungswende (100 % Bio), Urbane Wende (Nachbarschaften) und die Industrielle Wende (Arbeit statt Technologie).
5. Und eine Gesundheitswende, in der zum einen das eben Genannte als Prävention verstanden wird (eine Medizin, die den ganzen Menschen in den Blick nimmt).
Ungeachtet der Pandemie wurden 2020 weitere 20 Krankenhäuser geschlossen und wenn es nach der neoliberalen Bertelsmann-Stiftung geht, die im Juli 2019 feststellte, dass von den bestehenden 1400 Krankenhäuser die Zahl „auf deutlich unter 600“ gesenkt werden müsse. Ein beteiligter „Gesundheitsökonom“ hält sogar 330 Krankenhäuser für ausreichend. Das wären dann in Baden-Württemberg 5 (fünf!) Krankenhäuser.
Um hier Widerstand und Bewußtseinsarbeit zu leisten braucht es eine starke Bürger*innenbewegung. Es gibt das Bündnis „Krankenhaus statt Fabrik“, dessen Forderungen im Schwerpunkt zu finden sind, ebenso wie den Verein „Gesundheit aktiv“, dessen Programm wir ebenfalls vorstellen.
Eine Gruppe von bundesweit politisch Aktiven, Pflegepersonal, ÄrztInnen, PatientInnenvertretung, KlinikleiterInnen und GewerkschafterInnen die seit Anfang 2020 zum Thema Klinikschließungen arbeitet hat im Herbst 2020 das bundesweite „Bündnis Klinikrettung“ gegründet. Der Träger des Bündnisses ist Gemeingut in BürgerInnenhand (https://www.gemeingut.org/)
https://www.gemeingut.org/krankenhausschliessungen
Eine Gesundheitswende ist noch in weiter Ferne, auch wenn die Coronapandemie den blick auf die Mängel und Fehler schärft. Bleiben wir dran.

Dieter Koschek
erschienen in jedermensch 698

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